Der Englische Garten im Münchner Nordosten gehört mit einem Gesamtareal von 375 ha (3,75 km²) zu den größten Stadtparks der Welt, er rangiert flächenmäßig noch vor dem Hyde Park (London) und dem Central Park (New York). Der Park begleitet das Westufer der Isar auf einer Länge von insgesamt 5 km; der vierspurige Isarring trennt die Grünfläche in einen Nordteil („Hirschau“, 245 ha) und einen Südteil („Englischer Garten“, 130 ha). Aktuell gibt es aber Planungen, diesen Bereich zu untertunneln.
Der Bereich der heutigen Parkanlage war bis 1788 eine feuchte Auenlandschaft, die als Viehweide und Jagdrevier genutzt wurde. Im Februar 1789 ließ der pfälzische Kurfürst Carl Theodor auf Vorschlag des bayerischen Kriegsministers Benjamin Thompson dort Militärgärten anlegen; eine kurfürstliche Anordnung vom 13. August 1789 befahl zusätzlich die Umwandlung des Feuchtgebietes östlich der Gärten in einen Volkspark. Die Ausführung der Arbeiten übernahm der Schwetzinger Hofgärtner Friedrich Ludwig von Sckell, während der zum Reichsgraf von Rumford ernannte Benjamin Thompson die Oberaufsicht behielt. Der Park wurde im Stil eines englischen Landschaftsgartens nach dem Vorbild der Natur gestaltet und im Frühjahr 1792 für die Münchner Bevölkerung geöffnet; die Flächen der „Hirschau“ und die aufgelösten Militärgärten ergänzten ab 1799/1800 das Parkgelände.
Gleichzeitig entstand der Kleinhesseloher See. Im Jahr 1804 erhielt Sckell die Leitung der Hofgartenintendanz, er prägte bis zu seinem Tod 1823 entscheidend das heutige Aussehen des Englischen Gartens. Die Gesamtfläche der Parkanlage setzt sich aus Wiesen (186 ha), Gehölzen (130 ha), Gewässern (16 ha) und Nutzflächen (43 ha) zusammen.
Die beiden Teile des Englischen Gartens
Während der nördliche Abschnitt, die Hirrschau, den Charakter eines ruhigen Stadtwaldes aufweist, bildet der lebhafte südliche Teil ein beliebtes Naherholungsgebiet; als bekannte Touristenattraktion hat der Englische Garten jährlich rund 3,5 Millionen Besucher. Das Wegenetz weist eine Länge von 78 km auf, davon sind 12 km als spezielle Reitwege ausgewiesen. Das größte Gewässer des Parks stellt der künstlich angelegte Kleinhesseloher See dar (Fläche 8,64 ha); die wichtigsten Fließgewässer sind der Schwabinger Bach, der Eisbach und der Oberstjägermeisterbach, der den See speist. Mit mehreren kleinen Nebenverbindungen zur Isar erreicht das Bachnetz eine Gesamtlänge von 8,5 km.
Mehr als 100 Stege und Brücken überqueren die Bäche, sodass Besucher auch die Vogelschutzinsel zwischen Reit- und Oberstjägermeisterbach erreichen können; neben 50-60 Brutvogelarten bevölkern Feldhasen, Wildkaninchen, Füchse, Igel und Eichhörnchen den Park. Ausgedehnte Wiesenareale prägen besonders den Südteil des Englischen Gartens; beliebte Spiel- und Liegeflächen sind Hirschanger, Werneckwiese, Große Karl Theodor Wiese und Schönfeldwiese (offizielles FKK-Gelände), die Schwabinger Bucht im Nordteil ist ebenfalls für FKK freigegeben.
Tempel, Turm und Teehaus – Bauwerke im Englischen Garten
Der Chinesische Turm liegt zentral im Südteil des Englischen Gartens, er gilt als Wahrzeichen der gesamten Parkanlage. Das fünfstöckige, 25 m hohe Holzbauwerk ist auf Eichenstämmen gegründet, Vorbild war eine chinesische Pagode im Londoner Schlossgarten „Kew Gardens“. Der Turm entstand 1789/90 nach einem Entwurf des Architekten Joseph Frey; trotz der wiederholten Zerstörungen durch Brände wurde der Chinesische Turm immer wieder originalgetreu aufgebaut. Im ersten Stockwerk spielt eine Musikkapelle, die für Stimmung im umliegenden Biergartenbereich sorgt. Direkt neben dem Turm befindet sich ein historisches Kinderkarussell aus dem Jahr 1913 mit hölzernen Tierfiguren, Wagen und Schlitten.
Der 16 m hohe Monopteros überragt die Große Karl Theodor Wiese um insgesamt 31 m, da er auf einem Ziegelfundament (Höhe 15 m) errichtet wurde; der bepflanzte Hügel um das Fundament besteht aus aufgeschüttetem, abgedecktem Bauschutt der Münchner Residenz. Der Rundtempel im klassizistisch-griechischen Baustil besteht aus Kelheimer Kalkstein, der Entwurf stammt von Leo von Klenze. Mit seinem Panoramablick und dem bunt gemischten Publikum bildet der Monopteros einen der beliebtesten Szenetreffpunkte in München.
Das klassizistische Rumfordhaus (Rumfordschlössl) unweit des Chinesischen Turmes wurde 1791 zunächst als Offizierskasino errichtet, im Spiegelsaal fanden später auch glanzvolle Feste des Hofes statt. Der Englische Garten enthält auch mehrere Denkmäler, die an die Mitwirkenden bei der Entstehung des Parks erinnern sollen. Dabei handelt es sich um das Rumford-Denkmal (1796) an der Prinzregentenstraße, die Sckell-Säule (1824) am Kleinhesseloher See und das Werneck-Denkmal (1838) unweit des Seehauses. Die halbrunde „Steinerne Bank“ am Entenbach errichtete Leo von Klenze 1838 aus Kelheimer Kalkstein, sie ersetzte einen baufälligen hölzernen Apollotempel aus dem Jahr 1790. Das älteste Denkmal im Englischen Garten stellt die Burgfriedensäule Nr. 13 von 1724 in der Nähe des Monopteros dar, sie markierte früher den Gerichtsbereich der Stadt München.
Die Biergärten im Englischen Garten – bayerische Traditionen und internationales Flair
Mit insgesamt sechs Biergärten erfüllt der Englische Garten seine ursprüngliche Funktion als Volkspark und bewahrt gleichzeitig bayerische Traditionen; jeweils drei Lokalitäten befinden sich im Nordteil (Aumeister, Minihofbräuhaus, Hirschau, Tivoli) bzw. im Südteil der Anlage (Seehaus, Chinesischer Turm, Milchhäusl).
An der Nordgrenze des Parks liegt der traditionelle Biergarten Aumeister neben dem ehemaligen Königlichen Jägerhaus von 1810. Der idyllische Garten bietet Platz für rund 3.000 Gäste, Spezialitäten sind verschiedene Brotzeiten, Wiener Schnitzel und Steckerlfisch. Ein großer Kinderspielplatz und Veranstaltungen mit Tanz und Musik machen den Aumeister zu einem idealen Ausflugsziel.
Das Minihofbräuhaus bildet eine ruhige Oase im Zentrum des Nordteils; die Lokalität verkörpert den typischen Münchner Biergarten mit Brotzeiten, deftigen Gerichten, gemischtem Publikum und gemütlicher Atmosphäre. Der überschaubare Biergartenbereich gruppiert sich um einen großen Kiosk, er ist vor allem bei Familien und Hundebesitzern sehr beliebt.
Der Biergarten Hirschau liegt nördlich des Kleinhesseloher Sees etwas abseits der großen Besucherströme; die Lokalität mit ca. 1.800 Plätzen war früher die Kantine der Maffei-Eisenwerke, sie wird besonders von Einheimischen sehr gerne besucht. Die großen und kleinen Gäste schätzen die wechselnden Saisonbiere, die deftigen Brotzeiten, den Abenteuerspielplatz und die Live-Musik am Wochenende. Der Biergarten Seehaus am Kleinhesseloher See weist rund 2.500 Sitzplätze auf, die überwiegend von einem jungen, schicken Publikum genutzt werden.
Besonders beliebt sind die Tische direkt am Seeufer, viele Gäste genießen hier bei schönem Wetter bereits im Januar das erste Weißbier der Saison.
Der Biergarten am Chinesischen Turm ist mit 7.000 Plätzen der zweitgrößte Biergarten Münchens, er ist gleichermaßen ein Treffpunkt für alteingesessene Münchner und Touristen aus der ganzen Welt. Unter schattigen Kastanien können die Besucher traditionelle Biergartenspezialitäten wie Hendl, Haxen, Steckerlfisch, Radi und Obatzda genießen, der zünftigen Blaskapelle im Turm zuhören und dabei internationales Flair erleben. Die erste Anlaufstation für hungrige Gartenbesucher stellt der Bio-Imbiss Milchhäusl am Haupteingang in der Königinstraße dar, auch von den Liegewiesen sind die Bierbänke im kleinen Bio-Biergarten schnell zu erreichen. Neben dem gesunden Essen schätzen Familien vor allem den Kinderspielplatz.
Das Seehaus – Kulinarisches für alle Gelegenheiten
Das Restaurant Seehaus am Ostufer des Kleinhesseloher Sees ist die erste Adresse im Englischen Garten für kulinarische Köstlichkeiten. Küchenchef Christian Müller verwöhnt die Gäste mit einer modernen, mediterran-regionalen Küche (Salate, Suppen, Pasta, Meeresfrüchte, Fisch, Steaks), wobei auch die Liebhaber von Klassikern wie Ente, Schweinebraten, Kalbsleber oder Wiener Schnitzel nicht zu kurz kommen. Im hellen Restaurant mit Rundbögen und Nischen herrscht eine stilvolle, ruhige Atmosphäre, während im Bayerischen Stüberl viel Holz und ein großer Kachelofen den gemütlichen Charme einer Bauernstube schaffen; hier werden vor allem deftige Brotzeiten, Weißwürste, Leberkäse, Gulasch und Schnitzel serviert.
Im luftigen Pavillon können die Gäste ein Frühstück am See genießen, nachmittags Kaffee trinken und den Tag nach einem Dinner bei Cocktails ausklingen lassen. Der schlichte Bankettraum unter dem Dach steht zusätzlich als Konferenzraum und Ballsaal oder für private Feierlichkeiten zur Verfügung. Der Biergarten am Seehaus erstreckt sich über mehrere Terrassen direkt am Ufer, er bietet besonders in den Abendstunden einen traumhaften Blick über den See und zu den kleinen Inseln.
Der Englische Garten – das größte Fitnessstudio Münchens
Mit seinen ausgedehnten Wiesenflächen ist der Englische Garten ein ideales Naherholungsgebiet für Spaziergänger und Sonnenanbeter. Sie teilen sich die Wiesen mit den Sportlern, die hier ungestört Badminton oder Volleyball spielen können, während sich die Fußballer auf den Bolzplätzen austoben; ausreichend Platz gibt es auch für weite Würfe mit der Frisbee-Scheibe. Die zahlreichen Bäume sind willkommene Schattenspender bei Spielpausen und dienen gleichzeitig als Befestigungspunkte bei dem neuen Trendsport Slacklining.
Auf dem 78 km langen Wegenetz bereiten sich Jogger, Radfahrer und Inline-Skater auf den nächsten Wettkampf vor, während die Reitwege und die Reit- bzw. Sprungwiese besonders von der nahen Universitätsreitschule als großzügiges Open-Air-Übungsgelände genutzt werden; allerdings müssen alle Reiter im Englischen Garten eine kostenpflichtige Reiterlaubnis vorweisen. Im Gegensatz zum belebten Südteil sind im Nordabschnitt die ruhigeren Sportarten zuhause.
Viele Gruppen treffen sich hier zum Yoga oder Tai Chi in freier Natur, beobachtet werden sie dabei oft nur von Ruhe liebenden Joggern oder Anhängern des Nordic Walking. Einige Wassersportarten sind im Englischen Garten ebenfalls möglich; dazu gehören das Schwimmen im Schwabinger Bach und im Eisbach, Rudern und Tretboot fahren auf dem Kleinhesseloher See und Surfen auf dem Eisbach. Die stehende Eisbachwelle am Südende des Parks hat bei den Surfern mittlerweile weltweit Anerkennung gefunden, viele Zuschauer nutzen die Brücke an der Prinzregentenstraße als Logenplätze für die spektakulären Wellenritte der Eisbach-Surfer.
Im Winter gehört der Englische Garten bei ausreichender Schneelage in weiten Teilen den Skilangläufern, außerdem ist auf dem zugefrorenen Kleinhesseloher See das Eislaufen erlaubt. Der Hügel am Monopteros gilt als ältester Skihang in Bayern; wo heute ausgelassene Rodelpartien stattfinden, machte bereits 1888 der bayerische Wintersportpionier August Finsterlin heimlich in der Nacht die ersten Fahrversuche auf Skiern.
Sehen und gesehen werden – die Freiluftbühne Englischer Garten München
Neben seinen Funktionen als Erholungs- und Sportstätte dient der Englische Garten auch als Szenetreffpunkt, besonders hervorzuheben sind hier der Monopteros und der Biergarten am Seehaus. Eine Institution an der Eisbachwelle stellt der Kiosk „Fräulein Grüneis“ dar, der 2008 in einem historischen Toilettenhäuschen von 1904 eröffnet wurde; seitdem stärken sich nicht nur die Eisbach-Surfer mit Brotzeiten, Suppen und Pasta an diesem bereits legendären Imbiss. Bei ihren Trainingsläufen lernen vor allem Jogger die imposanten Ausmaße der Parkanlage kennen, wesentlich bequemer geht dies jedoch auf einer Fahrt mit der Pferdekutsche oder bei einer Tour mit der Fahrrad-Rikscha; beide Angebote starten jeweils am Biergarten Chinesischer Turm.
Eine andere, intensive Möglichkeit zur Erforschung des Parks ist das Geocaching; die Suche nach dem versteckten „Cache“ beginnt am Isarring und dauert rund 1,5 Stunden (Streckenlänge 3,0 km). Ein sehr ruhiges Vergnügen stellt dagegen die traditionelle Teezeremonie dar, die regelmäßig im Japanischen Teehaus zelebriert wird. In der Adventszeit verwandelt sich der Platz um den Chinesischen Turm in einen romantischen Weihnachtsmarkt, der bei einem Glühwein die Hektik der nahen Innenstadt vergessen lässt. Das absolute Highlight im Englischen Garten bildet Münchens größte Tanzveranstaltung, bei der sich traditionell an einem Sonntag Ende Juli bereits um 4 Uhr über 20.000 kostümierte Besucher am Chinesischen Turm zum Tanzen und Feiern versammeln – zum Kocherlball.
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